Nachhaltigkeit von Wolle

Die Krux mit der Wolle

Wolle ist ein ganz besonderer Rohstoff, der sich gar nicht so leicht mit anderen Textilmaterialien vergleichen lässt. Je nachdem, welche Studien man konsultiert, schneidet Wolle entweder ganz hervorragend ab oder fällt komplett durch. Wir sind natürlich der Meinung, dass Wolle wunderbar ist. Gleichzeitig ist Wolle nicht gleich Wolle. Hier wollen wir euch erklären, warum unsere norddeutsche Wolle so anders und ganz besonders nachhaltig ist.

Tierische Faser

Im Gegensatz zu Baumwolle, Leinen und anderen Pflanzenfasern ist Wolle eine tierische Faser. Wenn wir über Wolle reden, müssen wir darum auch immer über Tierwohl reden.

Wolle kommt vom Schaf (und wenn man anderes Tierhaar mit dazuzählt auch von Kaninchen, Ziegen, Alpakas usw.). Schafe geben ihre Wolle nicht ganz freiwillig her. Sie müssen regelmäßig geschoren werden, weil ihr Fell immer weiterwachsen und verfilzen würde – ein Resultat jahrtausendelanger Züchtungen. Auch Schafe, deren „Hauptjob“ die Landschaftspflege ist oder die zur Milch- und Fleischerzeugung gehalten werden, müssen geschoren werden. Nur ist ihre Wolle derzeit kaum etwas wert und landet teilweise auf dem Müll. Diese Verschwendung wollen wir verhindern. Wenn die Schafe schon die Schur erdulden müssen, soll ihre Wolle auch einen Nutzen haben. Und zwar den bestmöglichen!

Die Schur ist für Schafe oft eine stressige, unangenehme und manchmal auch gefährliche Prozedur. Vor allem in den riesigen Betrieben in Australien und China ist es den Scheren kaum möglich, die einzelnen Tiere sorgsam zu behandeln. Wir dagegen arbeiten sehr eng mit unseren Schäfer*innen und den Scherer*innen zusammen und optimieren die Arbeitsabläufe so, dass alle auch gegen Ende eines langen Schurtages noch Kraft haben, gut mit den Tieren umzugehen. Das kommt den Tieren zugute und am Ende auch uns, weil wir dadurch besonders saubere Rohwolle erhalten.

Unsere Schafe kommen nicht aus einer Massentierhaltung und werden unter Berücksichtigung strenger Tierschutzaspekte gehalten. Als echte Outdoortypen dürfen unsere norddeutschen Schafe das ganze Jahr über draußen sein und weiden. Und sie haben dafür richtig viel Platz.

Bodennutzung

Immer wieder lesen wir in Studien, dass Wolle eine schlechte Ökobilanz habe, weil zur Produktion einer Tonne Rohwolle viel mehr Bodenfläche benötigt würde als beispielsweise zur Produktion einer Tonne Baumwolle. Wir finden, dass der Vergleich hinkt. Zumindest was unsere heimische Wolle angeht. Denn unsere Schafe grasen in der Regel nicht auf Flächen, die anderweitig genutzt werden können (z.B. für die Nahrungsmittelproduktion). Ein Mähdrescher macht sich nun mal schlecht auf dem Deich. Und die Heide voller Raps wäre auch irgendwie merkwürdig.

Es ist aber richtig, dass der Anbau von Faserpflanzen für die Textilproduktion mit dem Anbau von Pflanzen zur Lebensmittelerzeugung konkurriert. Das gilt sicherlich auch für bestimmte Weideflächen. Problematisch ist das in Ländern, in denen massenhaft Schafe zum Export gehalten werden, sodass den Einheimischen weniger Anbauflächen für ihre eigenen Lebensmittel zur Verfügung stehen.

Unsere Schafe weiden allerdings dort, wo anderweitige Landwirtschaft nicht oder nur unzureichend möglich wäre. Sie grasen auf Flächen, die beweidet werden MÜSSEN, weil sie sonst verbuschen. Das machen sie wesentlich effizienter und ökologischer als jeder benzinbetriebene Rasenmäher. Dazu haben wir hier schon mal ganz viel erklärt.

Treibhausgase

Wo wir schon bei benzinbetriebenen Rasenmähern sind, können wir auch gleich noch über Treibhausgase reden. Schafe pupsen und rülpsen und dabei entsteht eine Menge CO2 und, weil sie Wiederkäuer sind, auch ein kleiner Teil Methan (ca. 6%). Insgesamt haben alle Schafe damit einen Anteil von 0,4% am weltweiten CO2-Ausstoß (nämlich 137,8 Megatonnen von 34,8 Milliarden Tonnen).

Aber: Im Gegensatz zu benzinbetriebenen Rasenmähern sind Schafe Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs unserer Erde. Kurz gesagt: Schafe stoßen CO2 und Methan (das zerfällt in der Atmosphäre wieder zu CO2) aus, das CO2 wird von den Pflanzen aufgenommen und im Rahmen der Photosynthese gebunden, Schafe fressen Pflanzen und das ganze geht von vorn los. [3]

Da unsere Tiere extensiv (also nicht in Massentierhaltung) gehalten werden, wirkt sich das Grasen sogar positiv auf die Treibhausgasbilanz aus. Wie wir hier schon einmal erklärt haben, fördert der Verbiss der Tiere u.a. das Wurzelwachstum und die CO2-Aufnahmekapazität der Böden. Zum Glück gibt es mittlerweile einige Studien, die diese positiven Effekte der Beweidung berücksichtigen. [1, 2 ]

Darüber hinaus entsteht bei unserer Wolle dank der der kurzen Wege, die sich von der Weide zur Verarbeitung bis in deinen Schrank zurücklegt, nur wenig CO2 beim Transport.

Lebenszyklus

Viele Studien lassen bei der Berechnung der Nachhaltigkeit eines Produkts eine ganz entscheidende Phase des Produktzyklus‘ außer Acht: Die Nutzung (und am Ende auch die Entsorgung). In dieser Phase kann Wolle nämlich im Vergleich zu Textilien aus Baumwolle deutlich punkten.

Funktionalität

Wolle kann von Natur aus, wofür andere Materialien viel Chemie benötigen. Sie ist temperaturausgleichend, selbstreinigend, wasserabweisend und atmungsaktiv. Genaueres dazu kannst du hier nachlesen. Eine Jacke aus Loden oder Wollwalk ersetzt zum Beispiel locker eine Softshelljacke aus Kunstfasern und gibt beim Nutzen und Waschen auch kein Mikroplastik ab. Schätzungsweise 20 bis 30% der Mikroplastik in den Meeren stammt von Kunstfaserkleidung. (Eunomia, 2016).

Energie

Kleidungsstücke aus Wolle werden Studien zufolge nur halb so oft gewaschen wie gleiche Kleidungsstücke aus Baumwolle und zwischen den Wäschen öfter getragen [3]. Das liegt an den selbstreinigenden und geruchsneutralisierenden Eigenschaften der Wolle. Und wenn sie gewaschen wird, dann bei niedrigeren Temperaturen als Baumwolle. Statt im Wäschetrockner, trocknet Wolle auf der Leine. Das spart Wasser, Energie und Emissionen und auch bares Geld.[4]

Lebensdauer

Außerdem haben Kleidungsstücke aus Wolle eine längere Lebensdauer [6]. Je länger ein Kleidungsstück getragen wird, desto besser wird sein ökologischer Fußabdruck, weil alle Emissionen seiner Herstellung über den gesamten Nutzungszeitraum verteilt werden. Und je länger ein Produkt genutzt wird, desto seltener muss es durch neue Ware ersetzt werden und desto günstiger wird sein „Cost per wear“ – also der Preis pro Nutzung. So rechnen sich am Ende auch hochpreisigere Anschaffungen.

Recycling und Keislauffähigkeit

Gute Wollkleidung ist wertvoll und kann Generationen überdauern. Sollte ein Kleidungsstück doch einmal an sein Lebensende kommen, sind Wollfasern sogar richtig gut zu recyceln. Obwohl sie nur ca. 1,3% aller Textilien weltweit ausmachen, haben Wollfasern einen Anteil von 5% an allen recycelten Fasern. Durch Faserrecycling entsteht weniger Müll. Das entlastet die Umwelt und das Portemonnaie.

Und wenn Recycling auch nichts mehr bringt, kann Wolle sogar problemlos auf dem Kompost entsorgt werden. Dort zerfällt es innerhalb von ein bis zwei Jahren und wird wieder zu Humus. Wir entwerfen unsere Kleidungsstücke so, dass du alles, was nicht verrottet einfach entfernen kannst.

Fazit

Dass wir Wolle lieben, ist klar. Wir finden es aber auch wichtig, auf die kritischen Seiten der Wollproduktion zu blicken: Lange Transportwege rings um den Globus und tierquälerische Methoden wie Mulesing sind nicht mit unserem Verständnis von nachhaltiger Wolle vereinbar. Wir nutzen wertvolle Rohstoffe, die direkt vor unserer Tür wachsen, die artgerecht gehalten werden und ohne die unsere Kulturlandschaft nicht funktionieren würde. Wir nutzen, was ohnehin da ist. Und wir machen das Beste draus: Richtig gute Kleidung aus norddeutscher Wolle.

Quellen:
[1] https://www.germanwatch.org/sites/default/files/publication/8126.pdf
[2] https://raumberg-gumpenstein.at/component/rsfiles/download.html?path=Tagungen%2FSchaf_Ziegentagung%2FSchaftagung_2020%2F1sv_2020_gauly.pdf
[3] https://iwto.org/wp-content/uploads/2020/04/IWTO_Wool-Carbon-Cycle.pdf
[4] https://iwto.org/wp-content/uploads/2020/04/IWTO_Wool-Climate-Impact.pdf
[5] https://iwto.org/sustainability/recycled-wool/
[6] http://kth.diva-portal.org/smash/get/diva2:1299372/FULLTEXT01.pdf

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